Wahrnehmungstraining

Wahrnehmungstraining + 7 absolut alltagstaugliche Trainingstipps

Mit jedem Blick klarer: Die Bedeutung von Wahrnehmungstraining für Kinder mit Lernstörungen + 7 alltagstaugliche Trainingsvorschläge

Ein wichtiger Teil unserer Trainingskonzepte für viele Kinder mit Legasthenie oder Dyskalkulie ist das Wahrnehmungstraining!

Im 3. Teil dieser Blogreihe schauen wir uns deshalb an, was ein gezieltes Wahrnehmungstraining bewirken kann. Und ich gebe dir auch gleich 7 Übungen dazu mit, die du sofort umsetzen kannst.

Warum ist Wahrnehmungstraining für viele Betroffene so wichtig?

Unsere Wahrnehmungsfähigkeit von frühester Kindheit an sind eine wichtige Voraussetzung für viele weitere Entwicklungsschritte im Leben. Unter anderem auch für einen erfolgreichen Schulalltag! Je besser und differenzierter die Wahrnehmung vor Schuleintritt ist, desto leichter kann das Kind dann auch neue Techniken, wie Lesen, Schreiben oder Rechnen, erlernen.

Zum Erlernen dieser Kulturtechniken sind vor allem die visuelle Wahrnehmung, die auditive Wahrnehmung und die Fähigkeiten der Raumorientierung erforderlich.

Visuelle Wahrnehmung

Die Visuelle Wahrnehmung brauchen wir zum Beispiel, um Buchstaben oder Zahlen erkennen, erfassen und unterscheiden zu können. Das nennt man „visuelle Differenzierung“. Aber wir müssen auch in der Lage sein, uns Gesehenes zu merken und auch, dieses gegebenenfalls wiedergeben zu können. Und zwar oft über einen langen Zeitraum hinweg. Dazu gehören auch Buchstabenserien, die wir gemeinhin als Worte bezeichnen. Je leichter es gelingt, so eine „Buchstabenserie“ solide zu speichern, desto leichter gelingt die Rechtschreibung.

Auditive Wahrnehmung

Die auditive Wahrnehmung ist entscheidend für das Erlernen von Kulturtechniken und die Sprachentwicklung. Um Laute unterscheiden zu können, benötigen Kinder eine gut ausgeprägte auditive Wahrnehmung, die als Basis für die „Phonologische Bewusstheit“ dient. Bei Auffälligkeiten sollte die Hörleistung überprüft werden. Falls das Gehör in Ordnung ist, können Verarbeitungsschwächen im Gehirn vorliegen, die gezielt angegangen werden müssen. Ein gezieltes Training ist hierbei besonders effektiv.

Genau so geht es gerade einem meiner Trainingskinder

Ich habe selbst gerade ein Trainingskind, das mit genau diesem Problem zu kämpfen hat. Nach dem ersten Gespräch mit den Eltern wurde sofort ein Termin mit HNO und Pädaudiologen vereinbart. Beide Befunde waren unauffällig. Trotzdem tut sich mein Trainingskind schwer, im Umgang mit Buchstaben gut zu differenzieren. Dies betrifft ganz klassische harte/weiche Mitlaute wie t/d oder p/b oder auch g/k. Oder auch ähnliche Selbstlaute wie ä und e. Aus diesem Grund ist die Rechtschreibung sehr fehleranfällig. Ein Teil unseres Trainingsplans beinhaltet deshalb auch Übungen zur auditiven Wahrnehmung.

Raumorientierung, Körperschema

Die dritte wichtige Kompetenz für den schulischen Erfolg ist die Raumorientierung, also das Verständnis von vorne-hinten, oben-unten und rechts-links. Kinder müssen erkennen, wie Objekte im Raum zueinander und zu ihrem eigenen Körper stehen. Diese Fähigkeit ist wichtig, um Buchstaben und Zahlen korrekt auf Papier zu übertragen, Zeilen einzuhalten und Rechnungen richtig zu schreiben. Das Körperschema bildet die Basis für diese Raumorientierung.

 

Mit diesen 7 alltagstauglichen Übungen kannst du Kinder bei der Entwicklung ihrer Wahrnehmung unterstützen

Zu allen diesen Bereichen könnte ich noch viel mehr schreiben. Um ein sinnvolles Wahrnehmungstraining anbieten zu können, braucht es da natürlich viel mehr an Hintergrundwissen. Aber schon im Alltag kannst du einiges tun, um deinem eigenen Kind oder auch deinen Reitkindern gute Impulse in diese Richtung zu geben.

 

  1. Lass sie mit Naturmaterialien spielen.
  2. Fordere sie auf, genau hinzuschauen, Unterschiede und Ähnlichkeiten zu erkennen (zB auf der Pferdewiese: welche Pferde schauen sich ähnlich, woran kann man sie eindeutig unterscheiden)
  3. Versucht, in kurzen Einheiten möglichst viele Geräusche, zB bei einem Spaziergang, oder auch auf der Pferdewiese, zu identifizieren. Versucht, diese einzuordnen nach hellen oder dunklen Tönen, oder nach laut oder leise.
  4. Unterhaltet euch bei einem Spaziergang über einige Dinge, die ihr seht, zum Beispiel einen Baum: wie schaut er aus, welche und wie viele verschiedene Farben könnt ihr wahrnehmen, wie fühlt er sich an, welche Geräusche könnt ihr von ihm Vernehmen (Wind in den Blättern, das Geräusch, wenn ihr mit der Hand über die Rinde streicht, oder über ein Blatt).
  5. Macht Pausen, bei einem Spaziergang, einem Ausritt, einer Reiteinheit am Platz: Schaut euch um, um etwas Neues zu entdecken, das euch vorher vielleicht nicht aufgefallen ist.
  6. Wählt einen Punkt in der Natur (kann gerne auch ein Park sein) und richtet eure Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Sinn: Beobachtet Farben, Formen und Texturen. Achtet auf Geräusche wie Vogelgesang, Windrauschen. Vergleicht, was näher und ferner ist, schaut, was sich rechts oder links eines Baumes oder Hauses befindet.
  7. Für Smartphone-Fans: lasst das Kind einen besonderen Moment oder ein besonders Detail festhalten. Frag es danach: was gefällt ihm daran besonders? Was sieht, hört, fühlt es, wenn es diesen Gegenstand oder Moment betrachtet?

Kleine Übungen mit großer Wirkung

Diese Übungen ersetzen natürlich kein gezieltes Wahrnehmungstraining, sie werden auch nicht dazu beitragen, die Rechtschreibung zu verbessern, aber sie sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung!

Im Lern-, Legasthenie- oder Dyskalkulietraining haben wir verschiedene Möglichkeiten, dahinter zu kommen, ob und welche Wahrnehmungsschwächen bei einem unserer Trainingskinder da sind. Und wir können mit gezieltem Wahrnehmungstraining auch in gewissem Ausmaß unterstützen und so das Fundament für das Erlernen von Lesen, Schreiben oder Rechnen stabilisieren. In manchen Fällen aber sind auch uns Grenzen gesetzt. Da raten wir den Eltern dann auch, Expertinnen aus der Ergotherapie oder Logopädie hinzuziehen. Auch, wenn das Legasthenie- oder Dyskalkulietraining dann uU auch einmal kurz unterbrochen wird. Es macht dann halt echt mehr Sinn, auch für das Lese-, Schreib- oder Rechentraining!

Fazit:

Wahrnehmungstraining ist ein wichtiger Bestandteil eines erfolgreichen Lerntrainings. Kinder mit Lernschwächen und Lernstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie können damit in gewissem Ausmaß beim Erlernen von Lesen, Schreiben oder Rechnen unterstützt werden.

Da durch unseren modernen Lebensstil – viel Handy und Tablet, weniger Bewegung, weniger Naturerfahrung – die Wahrnehmung generell bei vielen Kindern zu kurz kommt, kann ein gezieltes Wahrnehmungstraining auch für viele Kinder ohne offensichtliche Lernstörungen ein sehr bereicherndes Angebot sein! Weil eine gut ausgereifte Wahrnehmung ja in allen Lebensbereichen enorm wichtig ist.  Deshalb suchen Eltern jetzt auch vermehrt Angebote für ihre Kinder, die nicht nur aus Spiel und Spaß bestehen (obwohl auch das sehr wichtig ist), sondern auch den Mehrwert “Wahrnehmungstraining” bieten. Dazu bietet unser Kurs zum Fachtraining für klassische Lernsinne und Wahrnehmungstraining  auch für Menschen aus anderen Fachrichtungen, wie zB Reitunterricht, Reitpädagogik oder Erlebnispädagogik, wertvolles Wissen und Anregungen. Damit der nächste Kurs noch wertvoller für die Kinder wird!

 

Jetzt aber viel Spaß mit den Übungen,

deine Andrea und das Team von LmP

PS: Dazu, dass sich unsere Wahrnehmung gezielt trainieren lässt, gibt es viele Studien. Eine davon möchte ich dir hier zeigen:

Wahrnehmung lässt sich trainieren