Lernen durch Beobachtung: Jetzt ist er wieder da- jetzt ist er wieder weg / Teil 2
Das ist der Weg: Von der Beobachtung zur Imitation – von der Imitation zum Lernerfolg und zur erfolgreichen Entwicklung!
Aus Teil 1 (klicke hier für Teil 1) wissen wir nun, wie wichtig die Wiederholung für den Lernerfolg ist, und dass scheinbar banales Alltagserleben, das mit Spannung, Freude und multisensorischen Erfahrungen gespickt ist, für die Entwicklung des Kindes von elementarer Bedeutung ist.
Heute wollen wir uns einmal näher ansehen, wie denn der Lernerfolg durch Beobachtung gelingt.
Wie am Blog-Bild unschwer zu erkennen ist, beobachtet das kleine Mädchen das Tun des Jungen mit großem Interesse.
Was braucht es denn, um so ein hohes Interesse hervorzubringen?
- Der zu Beobachtende muss dem Kind etwas bedeuten. Das kann sich einerseits auf der Bindungsebene abspielen, andererseits kann sowohl das Tun der Person, aber auch ein außergewöhnliches Auftreten zum Interesse führen.
- Die Tätigkeit muss für das Kind nachvollziehbar sein
- Die Reiz-Reaktionssituation muss das Kind ansprechen
- Die Situation kann im Imitationsverhalten nachahmbar sein
Prüfen wir nun gemeinsam einmal die oben genannten Faktoren:
Wie beurteilst denn du die Situation? Leg doch einfach eine kurze Lesepause ein und geh für dich die einzelnen Punkte durch😊
Und jetzt schauen wir uns das einmal miteinander an:
Bei dem ersten Punkt treffen alle Gegebenheiten zu. Das Mädchen findet den Jungen, der nur etwas älter ist als sie und sehr extrovertiert agiert, ganz spannend, ja sie bewundert ihn sehr.
Die Lern- und Erfahrungsumgebung am Hof spricht durch viele neue Erfahrungsmöglichkeiten die Kinder sehr an. Wie wir nun bereits wissen, regt die ansprechende Gestaltung in tier- und pferdenaher Umgebung die Kinder in ihrem Tun grundsätzlich an.
Das Experimentieren des Jungen mit dem Wasserhahn spricht das Mädchen auf vielen Sinnesebenen an.
In Hinblick auf Punkt 2 ist die Tätigkeit des Jungen einerseits spannend, andererseits in seiner Einfachheit für das Mädchen gut nachvollziehbar.
Auch die Reiz- Reaktionssituation ist zwar für uns Erwachsene scheinbar banal, für das junge Kind aber sowohl spannend, wie auch sehr reizvoll- es spricht somit das Mädchen sehr an.
Bei Punkt 3, der Möglichkeit der Imitation, bzw. der Nachahmbarkeit ist das Verhalten des Jungen für das Mädchen einfach zu imitieren. Es weiß, wie das Verhalten abläuft, es kann den Hahn selbst bedienen und weiß wie der Ablauf geht.
Für uns als Erwachsene eine scheinbar sehr einfache Handlungsweise. Für die Kinder eine riesige Erfahrungs- und Lernwelt!
Beobachten und Nachahmen sind wesentliche Bausteine auf dem Weg einer gesunden Entwicklung des Kindes.
Kinder sind wahre Imitationskünstler – das liegt in unseren Genen. Es wartet darauf erkannt und erweckt zu werden.
Wie aber können Eltern dieses Potenzial fördern?
Gerade im Rahmen von Eltern-Kind-Gruppen ist die Begleitung der Eltern ein wichtiger Bestandteil. Gute Elternarbeit und Elternaufklärung bedeutet Qualität und Kompetenz – ein wichtiger Baustein in unserer Arbeit als Leitung einer Eltern-Kind-Gruppe.
In diesem Fall können wir die Eltern darüber aufklären, dass sie einen hohen Anteil daran haben, das Imitationsverhalten ihres Kindes zu fördern.
Je feinfühliger Eltern mit ihrem jungen Kind umgehen, desto ausgeprägter wird die Fähigkeit des Kindes werden, zu beobachten und zu imitieren.
Bereits beim ganz jungen Kind im ersten Lebensjahr wird durch das feinfühlige Verhalten der Eltern, bei dem sie das Kind und sein Verhalten gezielt beobachten, imitieren und Verhalten spiegeln, die Fähigkeit und die Lust des Kindes am Imitieren anderer geweckt und verstärkt. Es kommt nach und nach in der Interaktion von Eltern und Kind zum gegenseitigen Beobachten und Imitieren. Das verstärkt die Bindung (wir verstehen uns) und ermöglicht es dem Kind, visuelles Erleben (Beobachtung) mit dem eigenen motorischem Tun zu verknüpfen. Was für ein Turbo für die Entwicklung!
Die meisten Eltern machen das automatisch.
Können wir jedoch noch Hintergrundwissen dazu vermitteln, so stärken wir die Eltern damit. Kompetente Eltern sind in der Erziehung sicherer, entspannter und glücklicher. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Kinder aus😊.
Professor Markus Paulus (Inhaber des Lehrstuhls für Entwicklungspsychologie und Pädagogischer Psychologie der LMU in München) hat in einer LMU-Studie übrigens festgestellt, dass „mit Imitation der kulturelle Prozess der Menschwerdung beginnt“. Die Fähigkeit zur Imitation ist angelegt, muss jedoch erst erworben werden.
Wenn wir nun unter diesen Umständen das kurze Video betrachten, so wird uns bewusst, wie groß das Wunder der Entwicklung unserer Kinder ist – und dass es oft nur einen alten Wasserhahn, zwei Kinder und unsere Aufmerksamkeit, das Besondere zu erkennen, braucht.
Herzlich, Michaela Kindermann
Anmerkung: Dieser Blog-Beitrag wurde wieder von unserer Kleinkindspezialistin Michaela Kindermann verfasst und sie nimmt unser wieder mit in die Erlebniswelt der ganz Kleinen. So spannende Informationen, liebe Michaela, vielen Dank dafür! Unser “Maxi-Fit für Mini-Kids“-Konzept ist ganz darauf ausgelegt, für Eltern und ihre kleinen Kinder eine wertvolle Zeit zu bieten, die die frühkindliche Entwicklung beflügelt.